Chips und Schampus mit einem Klick: Erster E-Supermarkt in Unterhaching eröffnet

Das Bier ist alle? Das Grillfleisch aufgegessen? Die Zahnpastatube leer? Und die Tankstelle vor Ort hat Feierabend? Diese Lücke schließt neuerdings der E-Supermarkt in Unterhaching. Nach eigenen Angaben bundesweit der erste dieser Art. Ein Besuch.

Unterhaching – Kan Ataergin (46) und seine Schwester Yeliz Schneider (38) sind eigentlich Experten fürs Aufstellen von Automaten in der Gastronomie. Was in der Corona-Pandemie kaum gefragt war, weshalb die beiden ihren Fokus neu ausrichteten: auf den E-Supermarkt. Der läuft seit Anfang Juni, vorerst im Probebetrieb. „Unterhaching ist ein Pilotprojekt“, sagt Kan Ataergin. „Hier arbeiten wir an der Optimierung der Feinheiten und wollen dann weitere Standorte eröffnen.“

E-Supermarkt: So funktioniert‘s

In der Münchner Straße 3 in Unterhaching steht er also, der neue E-Supermarkt. Wer ihn betritt, stößt auf zwei große Displays und auf zwei Laufbänder. Das System an sich ist für den Kunden simpel: Über den Bildschirm wählt er die gewünschten Produkte aus. bezahlt sie per EC- oder Kreditkarte – aus einem Tunnel kommt die Ware. „Im Prinzip ersetzen wir die klassische Tankstelle“, sagen Kan Ataergin und Yeliz Schneider. Die Preise lägen schon über denen im normalen Supermarkt. Aber der E-Einkauf punktet ja auch mit etwas anderem, nämlich dem Zeitfaktor: Wenn woanders zu ist, ist hier auf. „21 bis 3 Uhr“, haben die Betreiber registriert, „ist unsere Hauptzeit.“ Aber auch tagsüber gebe es Schnelleinkäufer, die im normalen Supermarkt nicht an der Kasse anstehen wollen.

Doch gibt es dafür überhaupt einen wirtschaftlich relevanten Bedarf? Ja, sagt Markus Belte: Er ist Erfinder des in Unterhaching pilotmäßig getesteten Systems. „LateBird“ hat der Paderborner es genannt, das sprachliche Äquivalent zum Sprichwort „Der frühe Vogel fängt den Wurm“. Nein, auf die „späten Vögel“ zielt das Projekt ab. Auf diejenigen also, die spätabends unerwartet merken: Huch, uns fehlt was!

Der Erfinder

Zufälligerweise treffen wir Markus Belte beim Ortstermin in Unterhaching. Seinen „LateBird“, also den „späten Vogel“, bezeichnet er als „autonomes und vollautomatisches Einkaufssystem“. Das bietet er als transportables Containermodul an, beispielsweise bei Festivals oder als fest in Läden integrierte Projekte wie in Unterhaching. Bundesweit in dieser Form erstmalig. Markus Belte glaubt, mit seinem System den Trend der Zeit erkannt zu haben. „Die Menschen haben heute neue Arbeitszeitmodelle, daran angepasst haben sich die Freizeitmodelle, nicht aber die Ladenöffnungszeiten.“ Bestellungen können sowohl vor Ort aufgegeben werden als auch daheim am Computer. Mehr als drei verschiedenen Kühlzonen, von plus 18 bis minus 18 Grad, sorgen dafür, dass der Kunde immer Waren in frischester Form erhält“, sagt Belte.

Bis zu 650 Artikel

Bis zu 650 unterschiedliche Artikel kann der „LateBird“ anbieten, von Lebensmitteln über Drogeriebedarf bis hin zu Tiernahrung oder Heimwerker-Zubehör. In Unterhaching haben Kan Ataergin und Yeliz Schneider erst etwa 30 Prozent der Kapazität ausgeschöpft, etwa 250 Artikel sind hinter den Kulissen gelagert und landen über eine ausgeklügelte Transportautomatik auf dem Laufband. Damit eine Weinflasche beispielsweise nicht die Chips in einer Tüte zermalmt, kommen derlei Kombinationen zeitverzögert aufs Band und aus dem Tunnel. Das System priorisiert je nach Empfindlichkeit der Ware.

„Wir wachsen in das Thema rein, es ist für uns genauso neu wie für die Kunden“, sagen die Betreiber, denen früher das Wettbüro „Tipico“ nebenan gehörte. Momentan läuft die Testphase, eine erste Bilanz solle „in drei bis sechs Monaten“ gezogen werden. Bis dahin sitzen die Geschwister auch im Büro neben dem E-Supermarkt und eilen sofort zur Hilfe, sollte es irgendwo haken. Obwohl sie kaum Werbung gemacht haben, sei das neue Angebot „sehr gut angenommen worden“. Neben vielen Mini-Bestellungen gab’s sogar schon einen „Großeinkauf“: für 32 Euro.

Quelle: Merkur.de – Martin Becker